17.11.2024
Der Glaube singt
Am 17. November waren die Stuttgarter Hymnus-Chorknaben zum feierlichen Abschlussgottesdienst der Konzertreihe "fides cantat" in der Stadtkirche St. Marien zu Gast.
Mit dem gemeinsamen Gottesdienst von Schloss- und Stadtkirchengemeinde endete die Konzert- und Gottesdienstreihe "fides cantat – der Glaube singt". Anlass dieser Reihe war der 500. Geburtstag des Evangelischen Kirchengesangbuches. 1524 erschienen die ersten Gemeinde- und Chorgesangbücher der jungen protestantischen Kirche: das Erfurter Enchiridion, das Achtliederbuch und "Eyn geystlich Gesangk Buchleyn" bildeten den Auftakt zu fünfhundert Jahren Gemeindegesang – Grund genug zu feiern, an die alten Liederschätze zu erinnern und zugleich neues Liedgut zu präsentieren.
Renomierte Knaben- und Mädchenchöre, ein Jugendchor und verschiedene Kantoreien und Ensembles von Rostock bis Augsburg, von Oldenburg bis Dresden gaben sich in Torgau und Wittenberg – den Wirkungsstätten von Johann Walter und Martin Luther – ein Stelldichein. Jeweils kombiniert war ein Konzert in der einen mit einem Gottesdienst in der anderen Stadt, in fröhlichem, ausgeglichenem Wechsel. Über 300 Sängerinnen und Sänger waren dazu im Jahresverlauf unterwegs und präsentieren alte und neue Chorwerke. Die Gottesdienste waren meist um eines der Geburtstagslieder herum gestaltet. Den Abschluss bildete das Konzert der Hymnus-Chorknaben in Torgau am 16. November und die Mitgestaltung des Gottesdienstes in Wittenberg am 17. November.
Im Mittelpunkt des Gottesdienstes stand Luthers "Nun komm, der Heiden Heiland" (Ev. Gesangbuch Nr. 4), das die Gemeinde sang und zu dem die Chorknaben unter der Leitung ihres Dirigenten Rainer Homburg die gleichnamige Motette von Ko Matsushita (*1962) präsentierten. Schon der Auftakt des Gottesdienstes wurde von ihnen mit "Magnificat" und "Nunc Dimittis" (beides George Dyson, 1883-1964) begleitet. Zum Schluss erklang das "Te Deum" von Benjamin Britten (1913-1976). Viel Applaus drückte den Dank und das Lob der Gemeinde dem Chor gegenüber aus, der von Hannes von Bargen an der Orgel begleitet wurde. Im Gottesdienst wirkten außerdem Stadtkirchenkantor Christoph Hagemann (Ein- und Ausgangsmusik) sowie Lektorin Elisabeth Prill und Lektor Marius Keute mit.
In der Predigt legten Pfarrer Stefan Günter (Schlosskirche, Predigerseminar) und Matthias Keilholz (Stadtkirchengemeinde) Luthers Adventslied aus. Der sehnsuchtvolle Ruf: "Nun komm!" nimmt sogleich mit hinein in die Sehnsucht nach einem, der dem Chaos der Welt seinen Frieden entgegensetzt. Günter erläuterte den Weg vom Ambrosianischen Lobgesang aus dem vierten Jahrhundert hinein in Luthers nahezu wörtliche Übersetzung. Und er führte die theologischen Gedanken aus, die sich hinter dem alten und von Luther verwendeten Lied so kurz und prägnant verbergen: die zwei Naturen Jesu – wahrer Gott und wahrer Mensch, Grundlage und Bekenntnis der christlichen Kirche. Keilholz griff das Bild von der Krippe auf und verwies auf die Ermutigung, die der Glaube an das Licht, das mit Jesus in die Welt gekommen ist, für die Glaubenden bewirkt: Wo Licht ist, vergeht die Finsternis.
Nach dem Gottesdienst kamen Mitwirkende, Organisatoren, Gastgeber und Gäste zu einem Empfang im Alten Rathaus zusammen. Hier wurde noch einmal an die ganze Jubiläumsreihe erinnert. Ein besonderer Gruß kam von Oberkirchenrat Dr. Karl Friedrich Ulrichs von der EKD, die über die Wittenbergstiftung Konzerte und Gottesdienstmitwirkung gefördert hatte. Hagemann dankte allen, die "fides cantat" ermöglicht haben, besonders auch seiner Torgauer Kantorenkollegin Christiane Bräutigam und seinem Wittenberger Kollegen Thomas Herzer. Zu dritt hatten sie das Programm konzipiert und begleitet. Wittenbergs Oberbürgermeister fasste zusammen, was wohl viele am Ende von "fides cantat" dachten und empfanden, als er sich ein "da capo" wünschte. Feierliche Anlässe dazu gibt es in Wittenberg und Torgau auch in den nächsten Jahren zuhauf.