28.06.2024
Clemens Bittlinger: Spuren
Am 27. Juni war Clemens Bittlinger mit seinem Konzertprogramm "Spuren" zu Gast in der Stadtkirche.
Seit über 40 Jahren ist Clemens Bittlinger unterwegs als Liedermacher. Dazu ist er Autor vieler Bücher und Pfarrer der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau. Gemeinsam mit seinem langjährigen Musikerkollegen David Plüss (Tasteninstrumente) und dem Percussionisten David Kandert stellte er in der Stadtkirche sein aktuelles Album "Spuren" vor. Bevor das Konzert startete, wirkte er beim Stadtgebet auf dem Wittenberger Marktplatz mit.
Bittlingers Lieder greifen Alltagsbeobachtungen genauso auf wie Ereignisse, die die Welt bewegen. Dass jeder Mensch Spuren hinterlässt, ist leicht nachzuvollziehen. Manchen solcher Spuren ging Bittlinger nach – etwa dem, was Machtworte bewirken. Sie können zerstören, wenn ein Mensch hören muss: "Aus dir wird nie etwas." Sie können aber auch Leben schaffen und voranbringen, wie die Zusage: "Ich bleibe bei dir." Mit Humor lässt Bittlinger auch ernste Wahrheiten bedenken. Ist der Homo Sapiens eine Krankheit für den Planeten, die vorrübergeht? In geradezu zärtlichen Worten beschreibt Bittlinger die "kleine blaue Murmel", die die Heimat der Menschen ist. Auch um das Glück ging es, das mal zufällt, mal selbst geschaffen wird – und für das es auch eine göttliche Dimension gibt, die z. B. in den Seligpreisungen (Die Bibel - Matthäusevangelium Kapitel 5) beschrieben wird.
Um klare Worte ist Bittlinger nicht verlegen. Dabei kommt denen, die sich Christen nennen, eine besondere Verantwortung und Aufgabe zu: nicht zu allem "Ja und Amen" zu sagen, sondern Position zu beziehen. "Zu oft schon standen Christen auf der falschen Seite, war'n nicht bereit, die Mächtigen in ihrem Tun zu stören, war'n feige, waren träge und nicht bereit zu streiten für jene klaren Worte, die wir von Jesus hören: Ihr sollt die Feinde lieben ..." Wundert es, dass er in diesem Lied deutliche Kritik an der fatalen Haltung des Moskauer Patriarchen Kyrill übt, der auch zu Kamikazedrohnen "Ja und Amen" sagt?
Auch manch "Oldie" durfte nicht fehlen und reizte zum spontanen Mitsingen: "Aufstehn, aufeinander zugehn" geht mindestes musikalisch immer. Und ist so nötig für eine zerissene Gesellschaft. "Sei behütet" ist schon lange ein "Segensschlager", berührte aber besonders mit dem ukrainisch gesungenen Refrain – auch schon drei Stunden zuvor beim Stadtgebet.
Seit längerem bewährt ist das Zusammenspiel Bittlingers mit seinen Begleitmusikern Plüss und Kandert, die fein dosiert die Lieder stützen und ihre Virtuosität unaufdringlich und kunstreich einsetzen. Eine Freude, dem Trio bei seinem Spiel zuzuhören und zuzuschauen. Nach fast zwei Stunden ging der Konzertabend zu Ende und noch manches Gespräch entspann sich am CD- und Büchertisch – die Gelegenheit, manche der gelegten Spuren noch einmal beim Nachhören und Nachlesen zu verfolgen.
Wer mehr von Clemens Bittlinger wissen möchte, sich für seine Tourdaten und verschiedenen Projekte interessiert, findet die Infos auf seiner Webseite https://bittlinger-mkv.de.