05.03.2024
Eine Stube voller Geschichte(n)
Am 3. März war die Tür der "Ordinandenstube" der Stadtkirche geöffnet und es gab wissenswerte Einblicke ins Archiv.
Zum 12. bundesweiten "Tag der Archive" hatte die Stadtkirchengemeinde Wittenberg gemeinsam mit dem "Verein zur Förderung von Kultur und Denkmalpflege" eingeladen. Das Archiv der Gemeinde birgt einige Kostbarkeiten. Einige Schriften reichen bis ins 13. Jahrhundert zurück. Am 3. März lag das Augenmerk zum einen auf der "Ordinandenstube", einem besonderen Raum in der Stadtkirche (errichtet um 1570), in der angehende Pfarrer geprüft und auf ihre Ordination – in dem Fall der konkreten Beauftragung für den Dienst in einer Kirchengemeinde – vorbereitet wurden. Von diesem Raum oberhalb der Sakristei gingen die zukünftigen Gemeindepfarrer dann hinab in den Kirchraum, wo sie dann ordiniert wurden. Heute befindet sich dort das Archiv und die Bibliothek. Dr. Insa Christiane Hennen (Wittenberg) stellte in ihrem Vortrag die Ordinandenstube und die Geschichte der Ordination lutherischer Pfarrer vor und gab Einblicke, wie Gemeinden vergangener Jahrhunderte zu ihren Pfarrern kamen.
Besonders den Ordinandenbüchern widmete sich dann Dr. Margit Scholz (Archiv und Bibliothek der EKM). Sie sind ein wahrer Schatz der Reformationsgeschichte. In ihnen sind die in Wittenberg ordinierten Pfarrer (annähernd 7.000) der Jahre 1537 bis 1816 aufgezeichnet. Anfangs erfolgten die Eintragungen noch durch einen weiter nicht bekannten Schreiber. Später trugen sich die zu Ordinierenden selbst ein und gaben dabei auch Einblicke in ein Stück ihrer Lebensgeschichte, so etwa zu ihrem Elternhaus oder einem vorher erlernten Beruf und anderes.
Den Altbestand der Bibliothek der Stadtkirchengemeinde stellte Philipp Manthee (Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt, Halle) vor. Der Bestand an Drucken geht bis zur Reformationszeit zurück und die rund 40 Interessierten erfuhren z. B., aus welchen Städten die meisten der Drucke herkamen oder welche Autoren am häufigsten vertreten sind.
Im Anschluss konnten die Gäste den Vorraum und die Ordinandenstube besichtigen, wo einige der Bücher ausgelegt waren und die offenen Türen weiteren Einblick in die Sammlung gaben. Restaurator Christoph Roth von der Firma Zimelion GbR (Döbeln) gab anhand einiger der Ordinandenbücher einen Einblick in die Arbeit der Restauratoren. Ihm oblag die aktuelle Restauration von sechs der elf Bücher, die u. a. von der "Koordinierungsstelle für die Erhaltung des schriftlichen Kultursguts" gefördert wurde.
Die Referenten standen für viele Fragen zur Verfügung und waren dementsprechend umlagert. Der Archivpfleger der Stadtkirchengemeinde Jörg Mayer führte fachkundig durch das Archiv. Er ist auch der Ansprechpartner für Anfragen von Privatpersonen und Institutionen, egal ob es um die besonderen historischen Bestände oder Ahnungforschung und anderes geht. Mit ihm werden Benutzung von Archiv und Bibliothek vereinbart: Jörg Mayer | 03491 628315 | archiv@kirche-wittenberg.de.