04.09.2024
Wenn Kinder die Kirche zum Klingen bringen
Am 3. September hatte die Evangelische Landeskirche in Mitteldeutschland zum Kinderchortag nach Wittenberg eingeladen. 350 Kinder rockten die Stadtkirche.
So etwas hat die Stadtkirche noch nicht gesehen: 350 Kinder aus neun Orten und Schulen waren nach Wittenberg zum Kinderchortag gekommen - aus Bergwitz und Kemberg, aus Delitzsch, Halle und Naumburg, aus Landsberg und Osterburg, aus Holzdorf und natürlich auch aus der Evangelischen Grundschule in Wittenberg.
Der Grund? Ein riesiges, musikalisches Geburtstagsfest, denn das Evangelische Gesang ist 500 Jahre alt. 1524 erschien das "Acht-Liederbuch", die erste Liederbuchausgabe für die neu entstandene Evangelische Kirche. Das hatte sich die Landeskantorin für Singarbeit, Christine Cremer, zum Anlass genommen, den Geburtstag gerade mit Kindern lautstark zu feiern. Ein großes Team hatte den Tag vorbereitet. Nach der Anreise und dem "check in" ging es los mit der Probe. 11 Lieder waren zu bewältigen - gut, dass die Kinder die Lieder schon geübt hatten. So ging die Probe gut voran. Die Band, die sich um Kantor Andreas Mücksch gruppierte, riss alle mit und ihrem Groove konnte sich keiner entziehen.
Klar durfte "Ein feste Burg" von Martin Luther nicht fehlen - aber die Bandbreite war viel größer und reichte von alten bis zu ganz neuen, eigens für den Chortag geschriebenen Stücken.
In der Pause gab es MIttagessen, vorbereitet vom Team des Kaffee Klatschmohn. Und in drei Etappen zu Gruppen von 10 bis 20 Kindern zogen die Schülerinnen und Schüler zu einem "action bound" los - einer Art digitaler Schnitzeljagd, bei der man anhand von Filmen und rätseln und mit Hilfe von Kartenmaterial bestimmte Orte aufsuchen muss, um dort die nächste Aufgabe zu bekommen. Wo ist denn nun diese besondere Tür? Und der Brunnen auf dem Holzmarkt? Manche entdeckten dabei natürlich auch die Eisdielen und kühlten sich etwas ab.
Muss man sich wundern, dass bei solch einem Ereignis vier äußerst besondere Liederdichter und Musikerinnen sich im Konzert am Nachmittag ein Stelldichein gaben? Mirjam, die das erste Lied angestimmt hat, von dem die Bibel erzählt (2. Mose 15,1 und 21), tanzte durch die Bankreihen. David, der eine Menge Psalmen geschrieben hat, war mit seiner Harfe kommen. Natürlich erschien Martin Luther. Die Stadtkirche war schließlich einmal seine Predigtkirche. Auch Paul Gerhardt durfte nicht fehlen, der in Wittenberg für eine Zeit gearbeitet hatte, bevor er Pfarrer in Berlin wurde und der aus Gräfenhaichen stammte.
Viele staunten, als sie erfuhren, dass es manche der Kirchenlieder sogar in Filme geschafft haben. Um das zu unterstreichen, waren Olaf, Anna und Elsa aus dem Film "Frozen" gekommen und ein Raunen ging durch die Kinderreihen. "Schönster Herr Jesu" (Ev. Gesangbuch Nr. 403 ) versteckt sich im Eröffnungsstück von Frozen und wurde mit Unterstützung von Lehrerinnen, Erziehern und Chorleitern dargeboten, die mit ihren Kindern angereist waren. Da blieb wohl kaum ein Auge trocken.
Moderiert wurde das Konzert von Johann und Walter, einem Bücher- und einem Ohrwurm, die viele Informationen zu den Liedern gaben und sich mit den Gästen aus den Jahrtausenden unterhielten. Zum Schluss bekamen alle Kinder ein eigenes Acht-Kinderlieder-Buch zum Mitnehmen und weitersingen. Das hatte der eigens angereiste Generalsekretär des Chorverbandes in der Evangelischen Kirche, Niklas Dörr, mitgebracht. Und auch wenn mit dem Schlusslied Schluss war, gilt allen der Refrain daraus:
Jetzt ist Schluss, doch lasst uns singen!
Geht, ihr sollt gesegnet sein!
Gottes Lob wird weiterklingen.
Geht mit unerm Loblied heim.
Wenn in der Kirche auch die nächsten 500 Jahre so gesungen wird, wie es die Kinder vorgemacht haben, dann wird noch einiges geschehen.